Freinsheim, März 2020
Liebe Freunde und Förderer des Schulhilfswerks,
sehr geehrte Damen und Herren!
Eltern machen sich Sorgen, weil ihre Kinder nicht zur Schule gehen dürfen. Die Veränderungen im Alltag hierzulande, die aus der Corona-Pandemie heraus entstehen, bringen viele von uns zum Nachdenken. Ob das, was uns selbstverständlich erscheint, wirklich so selbstverständlich ist. Ob das Leben, in dem wir uns eingerichtet haben, tatsächlich mit den Hilfen von Zivilisation und Technik reibungslos zu bewältigen ist. Ob wir uns sicher sein können, dass sich auch Probleme von selbst erledigen – wenn wir nur etwas Geduld haben. Ob es nicht doch hilfreich ist, ein paar selbstlose Freunde zu haben, die sich auch darum Gedanken machen, wie es uns geht und wie wir zurechtkommen.
Noch ist nicht absehbar, wie unser Leben, unser Land, unser Planet in ein paar Monaten aussieht. Aber das soll kein Anlass sein, die Hände in den Schoß zu legen und den Rest des Lebens auszublenden. Einer, der uns hier als Vorbild dienen kann, ist Pater Kuha Indyer CSSp. Seit vielen Jahren besteht nun schon die Freundschaft zwischen dem Priester und Pädagogen am (von ihm 2006 gegründeten) Holy Ghost College in Sankera, Nigeria, und dem Schulhilfswerk. Wir haben die Überdachung des ersten Klassenzimmerblocks gesponsert, und mit dem Geld, das von der Überdachung übrigblieb, den ersten Schlafsaal errichtet. Wir haben, auf besonderen Wunsch von Peter Gierlich, Mittel für den Bau einer Bibliothek mit dem Namen "Deutsche Freundesbibliothek" zur Verfügung gestellt und beim Bau und bei der Ausstattung des wissenschaftlichen Labors geholfen, sowie bei der Partnerschaft mit dem Jean-Paul Gymnasium, Hof, das bisher den Bau des Computerlabors unterstützt hat. Diese Unterstützung war mehr als der Transfer von Geld für ein vielversprechendes Projekt. Pater Kuha schrieb unlängst, dass der 2019 verstorbene Vorsitzende Peter Gierlich „ein Grundpfeiler der Schule ist. Seine moralische Unterstützung, wann immer er schrieb, war großartig… Er war wirklich eine Vaterfigur für uns.“
Oft mussten wir Pater Kuha aber auch vertrösten, weil andere Anfragen noch dringlicher, andere Begleitumstände noch schwieriger waren. Sein Gottvertrauen und seine Zuversicht haben ihn jedoch darin bestärkt, weiterhin den Kontakt aufrecht zu erhalten, über seine Arbeit zu berichten – und, weil nötig, auch weiter um unsere Unterstützung zu bitten.
Um Ihnen einen Eindruck zu geben, unter welchen Umständen er versucht, ein guter geistlicher Leiter und ein verlässlicher Hirte für seine Schülerinnen und Schüler zu sein, geben wir hier die Beschreibung der Lage in seiner Region wieder, wie er sie uns in einem Brief vor einigen Wochen übermittelt hat:
Die kritische Sicherheitslage in der Region wirkten sich sehr negativ auf die Schulen aus. Es gab eine Zeit, in der wir in der Gegend beispiellose Attentate, Raubüberfälle, Entführungen usw. erlebten. Dies führte zu einem Rückgang von 249 auf 94 Schüler, von denen 8 aufgrund ihrer finanziellen Lage am Schulstipendienprogramm teilnehmen. Diese Situation hatte uns eine Menge psychologischer und finanzieller Belastungen beschert. Aber Gott sei Dank beruhigt sich die Situation, und wir erwarten, dass wir bis zum nächsten akademischen Semester mehr Studenten haben werden.
Unsere Nachbargemeinde, die wir vom Holy Ghost College, Sankera, aus verwalteten, das Spiritan Youth Resource Centre, Chonku, litt ebenfalls unter der Tiv/Jukun-Krise, die viele Menschenleben und die Zerstörung von Eigentum gefordert hat, ein katholischer Priester wurde während der Krise getötet und verbrannt. Wir haben das Zentrum geschlossen, in dem ein Kindergarten und ein Gebetszentrum betrieben wurden. Wir waren dabei, eine Berufsausbildungseinheit im Zentrum einzurichten, als die Krise begann. Einige unserer Einrichtungen im Zentrum wurden verwüstet und geplündert. Wir hoffen, das Zentrum wieder zu eröffnen, sobald sich die Krise beruhigt hat.
Im Lauf der nun bald 60-jährigen Geschichte des Schulhilfswerks haben wir an vielen Orten ähnliche Krisen beobachtet. Immer wieder konnten wir dabei feststellen, dass die Anwesenheit von Kloster- und Weltpriestern oder Nonnen, die unverdrossen ihre Arbeit weiterführten und auch die betreuten Schulen am Leben hielten, wie ein Fels in der Brandung waren: Hoffnung für jene, die geblieben waren, Zuversicht für jene, die sich Gedanken über die Zeit nach der Krise machten.
Umso wichtiger erscheint es uns, auch die Lebensumstände und Arbeitsbedingungen für diese Menschen zu betrachten – die Fundamente aller schulischen Arbeit. Unter diesen Vorzeichen liegt uns am Herzen, was Pater Kuha als seine derzeitigen Prioritäten bezeichnet:
Das Haus des Schulleiters - das Haus, in dem ich lebe, habe ich im Jahr 2005 gebaut und im Jahr 2006 bezogen. Es stürzt fast ein, Termiten haben auch das Holz für die Dacheindeckung gefressen und die Decke zerstört. Es ist nicht möglich, das Gebäude zu renovieren.
Ein Verwaltungsgebäude: Wir haben einige Jahre lang wieder mit dem Bau eines Verwaltungsgebäudes begonnen, aber harte Zeiten haben uns dazu veranlasst, die Arbeit einzustellen.
Die Bilder in diesem Brief zeigen den Zustand des Schulleiter-Hauses, das nun neu errichtet werden soll – als Wohn- und Arbeitsstätte für drei Priester und Besucher der Schule. Es ist beileibe kein Luxus, hier anzupacken, sondern dringende Notwendigkeit. Damit die Menschen, die für Schule und Unterricht die Verantwortung tragen, unter geordneten Umständen ihrer Arbeit nachgehen können. Die Kosten für dieses Projekt betragen knapp acht Millionen Naira, die Landeswährung. In Euro gerechnet sind das etwas mehr als 20.000 €. Wir möchten uns daran mit einem nennenswerten Anteil beteiligen und bitten dafür um Ihre Unterstützung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Hilfe – auch wenn andere Dinge manchmal näher und dringender erscheinen. Zum bevorstehenden Osterfest grüßen wir Sie mit den Worten, die Pater Kuha seinem jüngsten Brief angefügt hat:
Wir sind Gott und Ihnen dankbar für die wunderbare Unterstützung, die Sie uns gegeben haben. Wir beten, dass Gott Sie weiterhin segnen und schützen möge, während Sie sich weiterhin für den Fortschritt der Gesellschaft einsetzen. Bewahren Sie uns in Ihren Gebeten, damit wir uns zum Wohle der Menschheit hingeben können, so wie Jesus Christus geopfert hat, um als Mensch geboren zu werden und am Kreuz für unsere Rettung zu sterben.
Vielen Dank für Ihre Verbundenheit. Bleiben Sie uns und den Schulen in Afrika gewogen.
Mit österlichen Grüßen,
Ihre Anne Gierlich