Freinsheim, den 23.03.2023
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde und Förderer des Schulhilfswerks!
Es sind oft die nüchternen Fakten eines einzelnen Briefs, der uns aus Afrika erreicht, die uns nachdenklich machen. Nachdenklich, welche Mammut-Aufgabe es ist, jungen Menschen in Afrika eine solide Schulbildung nahe zu bringen, wenn das Schulsystem schon an allen Ecken und Enden nicht in der Lage ist, wenigstens grundlegende Bedürfnisse zu erfüllen. In der Geschichte des Schulhilfswerks für Afrika haben wir das viele hundert Male erlebt – die nunmehr 60 Jahre seit unserer Gründung haben uns Gelegenheit dazu gegeben.
Was uns diese Nachdenklichkeit buchstäblich „über den Haufen werfen lässt“, sind die Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, trotz dieser Fakten ihre Aufgabe anzunehmen und auf dürren Feldern die kostbare Pflanze Bildung anzubauen. Schwestern und Mönche, Priester und Bischöfe, die ihr Leben den Schulen Afrikas widmen. Ihre Zuversicht, ihr Mut, ihr Durchhaltevermögen sind uns Vorbild und Beispiel, jenes Engagement unbeirrt fortzuführen, für das Kurt Gierlich 1963 den Grundstein gelegt hat.
Beginnen wir also mit Fakten, die uns aus Uganda erreichen. Father Peter Nsubuga schreibt aus der Diözese Kiyinda-Mityana. Er kennt das Schulhilfswerk aus einem früheren Projekt, bei dem wir ihn unterstützen konnten:
Die Diözese liegt in der Zentralregion Ugandas und hat eine Gesamtfläche von 241.038 Quadratkilometern. Achtzig Prozent der Bevölkerung sind von der Bedarfslandwirtschaft abhängig. Die Diözese liegt 68 Kilometer südlich von Kampala City. In der Region leben insgesamt 2,3 Millionen Menschen, von denen der größte Anteil Kinder sind. Sie verfügt über mehr als 700 Grund- und Sekundarschulen, die sowohl von Katholiken als auch von Nichtkatholiken gegründet wurden.
Eine der größten Herausforderungen der Diözese ist der schlechte Bildungssektor. Die Mehrheit der Schüler hat Unterricht in einem mangelhaftem Umfeld, was sich auf das Lernen und Lehren auswirkt. Sie lernen im Schatten von Bäumen, in provisorischen Klassenzimmern, in unvollendeten Klassenzimmern ohne Wände und Fußböden, in heillos überfüllten Klassenzimmern. In einer solchen Umgebung können die Schüler sich nicht gut konzentrieren. Die Diözese versucht sicherzustellen, dass die Lernumgebung verbessert wird.
Richten wir mit diesem Wissen den Blick auf das Vorhaben, für das Father Nsubuga das Schulhilfswerk um Unterstützung bittet. Es soll in der katholischen Pfarrei St. Joseph Kibalinga durchgeführt werden. Sie ist eine der zweiunddreißig katholischen Pfarreien, aus denen die Diözese Kiyinda Mityana besteht. Das ist eine sehr junge Pfarrei, erst am 3. April 2022 eingeweiht. Sie befindet sich im aufstrebenden Handelszentrum von Lusaalira und besteht aus zwanzig Außenstationen mit drei katholischen Priestern, welche die seelsorgerischen Aufgaben der Pfarrei wahrnehmen. In dem Gebiet leben derzeit 90.000 Menschen zusammen, unabhängig von Geschlecht, Alter und Religionszugehörigkeit.
Das Gebiet ist ländlich geprägt und die Menschen leben hauptsächlich von der Bedarfslandwirtschaft. Sie nutzen nur rudimentäre Mittel der Landwirtschaft. Es gibt wenige qualifizierte Betriebe in dem Gebiet, die in großem Umfang Landwirtschaft betreiben. Generell ist die Mehrheit der Menschen für ihren Lebensunterhalt auf Ackerbau angewiesen. Hinzu kommt, dass dieses Gebiet von viel Sonne heimgesucht wird, wodurch die Menschen wenig von ihren Feldern ernten können, was sie sehr arm macht.
In dem Brief heißt es: „Die meisten unserer Schüler stammen aus den ärmsten Familien und leiden daher unter einer ganzen Reihe von Problemen wie Hunger, Unterernährung und Mangel an Schulmaterial wie Büchern und Stiften. Dies führt zu einer hohen Zahl von Schulabbrechern und damit oft zu frühen Eheschließungen. Der schlechte Zustand der Klassenzimmer in staubigen Gebäuden tragen zur schlechten Hygiene der Schüler bei und verursachen Krankheiten wie Grippe, Husten und Jiggers (eine von Flöhen übertragene Krankheit).“
Steigen wir noch tiefer in die Fakten ein, obwohl schon jetzt eine nüchterne Betrachtungsweise kaum mehr möglich ist! Denn nun dringen wir zum Kern vor, dem dringenden Bedarf nach dem Neubau eines Gebäudes mit drei Klassenzimmern.
Die St. John Kabandole-Grundschule wurde vor zehn Jahren von der Gemeinde gegründet. Und zwar weil die Zahl der Kinder in der Gegend stark zunahm und um ihnen den langen Weg von etwa 5 Kilometern zur Kyamuguluma-Grundschule zu ersparen und sie zu schützen. Die Eltern sehen es als zwingend notwendig an, diese Schule zu errichten, um den kleinen Kindern den täglichen langen Weg zu ersparen. Die Gemeinde hat viele Anstrengungen unternommen und hat das derzeitige Gebäude mit 3 Klassenzimmern errichtet.
Im Laufe der Zeit wurden die Kinder in verschiedene Klassen aufgeteilt und es wurden immer mehr Lernwillige in die Schule eingeschrieben. Im Vergleich zu den anderen Schulen in der Umgebung hat die St. John Kbandole-Grundschule die höchste Schülerzahl. Sie hat insgesamt 320 Schüler, davon 142 Jungen und 178 Mädchen. Dieser Anstieg und das Wachstum der Schülerzahlen hat dazu geführt, dass dringend zusätzliche Klassenräume benötigt werden, um die Kinder unterzubringen.
Die Gemeinde St. John Kabandole Kacwamango Subparish hat provisorische Klassenzimmer eingerichtet, um kleinen Kindern das Lernen zu ermöglichen. Diese Strukturen waren für eine kleine Anzahl von Kindern gedacht, aber letztendlich zu klein und nicht ausreichend, um den Bedürfnissen der Schüler gerecht zu werden. Die Schule hat sich von einer Vorschule zu einer vollwertigen Grundschule entwickelt und daher sind die Lehrer gezwungen, die Kinder in die wenigen verfügbaren provisorischen Klassenräume zu quetschen. Manchmal sind zwei Klassen in einem Raum untergebracht.
Die Lehrer sind daher gezwungen, den Unterricht in gemeinsamen Klassenzimmern gleichzeitig zu halten, eine sehr schwierige Situation. Die Kinder, insbesondere die kleineren, können nicht umhin, alles zu hören und zu sehen, was in der Nebenklasse passiert, die von einem anderen Lehrer geleitet wird. Dies beeinträchtigt, Konzentration und Aufmerksamkeit der Kinder und hemmt dadurch ihre Lernfähigkeit. Auch die Lehrkräfte sind davon betroffen; sie können ihre Lehrmittel nicht optimal einsetzen, was zu schlechteren Leistungen führen kann.
Sie finden in diesem Brief eine Reihe von Bildern, die den aktuellen Zustand der Schule zeigt. Zusammen mit den vielen einfachen nüchternen und ernüchternden Fakten machen sie deutlich, warum wir nicht einfach nur zusehen können, sondern das Anliegen von Father Nsubuga unterstützen wollen.
So, wie unser Gründer Kurt Gierlich 1963 mit der Förderung einer einzelnen Schule in Burundi unsere Arbeit begründet und in Bewegung gebracht hat, steht nun die St. John Kabandole-Grundschule exemplarisch für die vielen anderen Projekte, bei denen wir um Unterstützung angefragt werden. Wir wollen helfen, weil wir helfen können. Selbst die bescheidenen Mittel, die das SHA im Vergleich zu anderen Hilfsorganisationen aufbringen kann, bewirken Vieles und Großes in Afrika. Größeres sogar, als es manchmal auf den ersten Blick und die nüchternen Fakten erscheint.
Wir bitten Sie, uns auch in diesem Jahr wieder zur Seite zu stehen und diese Herausforderung anzunehmen. Wir werden Sie in weiteren Briefen und auf unserer Homepage www.schulhilfswerk.de über den Fortgang dieses Projekts, über unsere Arbeit im Verein und über neue Vorhaben ausführlich informieren. Genauso wie über unser Jubiläum, das wir nicht groß feiern, aber in Respekt und Dankbarkeit für alle begehen wollen, die uns in den vergangenen 60 Jahren auf unserem Weg begleitet haben. Heute schon ein herzliches „Vergelt’s Gott!“ dafür.
Wir wünschen Ihnen, Ihren Angehörigen und allen, denen Sie sich verbunden fühlen, auf diesem Weg ein frohes Osterfest! Bleiben Sie uns verbunden!
Mit herzlichen Grüßen,
Anne Gierlich, 1. Vorsitzende