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Newsletter 2017/3

Freinsheim, Dezember 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freunde und Förderer des Schulhilfswerks für Afrika!

Wenn wir in diesen Tagen die Worte „drangvolle Enge“ hören, dann denken die meisten von uns wahrscheinlich an öffentliche Verkehrsmittel und Kaufhäuser in der Vorweihnachtszeit. Die Zeiten, zu denen das jemand mit Schulgebäuden und Unterrichtsräumen assoziiert hat, sind hierzulande zum Glück seit langem vorbei. Weniger Glück haben da nach wie vor Kinder und Eltern in Afrika. 60, 70 Kinder in einer Klasse sind da eher die Regel als die Ausnahme, genauso, dass sie sich meist zu dritt eine Schulbank teilen. Viele Schulen unterrichten schichtweise vormittags und nachmittags, um die Nachfrage wenigstens halbwegs zu erfüllen. Und das alte Bild von den Schulstunden im Freien, wo allenfalls ein Baum mit seiner Krone Schatten spendet oder vor Regen schützt, während sich darunter Lehrer und Schüler versammelt haben – auch dieses Bild gehört noch lange nicht der Vergangenheit an.

Das hat vor allem damit zu tun, dass überall dort, wo sich afrikanische Länder aus der Krise befreien, ihre Bewohner wieder Hoffnung auf eine bessere Zukunft schöpfen. In alter Tradition und bestem Familiensinn bedeutet das: Eltern tun alles, damit ihre Kinder eine ordentliche Ausbildung erhalten, um an Fortschritt und Aufschwung teilzuhaben. Seit der Gründung des Schulhilfswerks vor inzwischen 54 Jahren erleben wir daher immer wieder die gleiche Situation der Engpässe und Überfüllungen – und sind immer wieder gefordert, mit unseren Kräften und Mitteln dagegen anzugehen.

Wir tun dies auch aus der Verantwortung heraus, diesen Ländern ihre nachwachsenden Generationen zu erhalten, damit sie aus eigener Kraft ihre Entwicklung gestalten können und nicht wieder in neue Abhängigkeiten geraten. Die bayerische Europaministerin Beate Merk, in ihrem Bundesland mitverantwortlich für die Entwicklungshilfe, hat unlängst einmal gesagt: „Bei meinen Gesprächen mit den Menschen in den Flüchtlingslagern im Irak, in der Türkei, im Libanon habe ich immer wieder eines gehört: ,Wenn wir für uns und unsere Kinder eine Perspektive sehen, wenn wir wissen, dass unsere Kinder keinen Hunger leiden müssen und eine Schulausbildung bekommen, dann wollen wir gar nicht zu euch nach Europa. Wir wollen in unserem Kulturkreis bleiben, in unserer Heimat!

Ein Beispiel, wie groß die Not in manchen Schulen ist, möchten wir Ihnen aus der Diözese Nebbi in Uganda berichten, direkt an der Grenze zum Kongo. Die Region, die unter dem Regime Idi Amins heftig zu leiden hatte, erholt sich nur mit Mühe von den eigentlich schon lange zurückliegenden Folgen der Diktatur. Weil das Gebiet hart umkämpft war, mangelt es der Elterngeneration fast ganz an Grundbildung: Wo Krieg, da keine Schule. Dazu kommt eine große Zahl an Waisen und Straßenkindern, um die sich keiner mehr kümmern will. Außer der Diözese, die in ihren Pfarreien Schulen aufbaut und Unterricht und Zuwendung anbietet.

Links: Schüler vor der Agiermach Primary School. Rechts: Zerstörtes Schulgebäude.

Wenn wir die Lupe noch etwas schärfer stellen, kommen wir zur Agiermach Primary School in der Pfarrei St. Peter und Paul. Father Opennytho Charles Pacutho ist der zuständige Gemeindepriester, der sich an uns gewandt und um Hilfe gebeten hat. Denn in Agiermach sieht die Lage noch etwas schwieriger aus, als anfangs geschildert. Weil es an Gebäuden fehlt, teilen sich in der 1. Klasse 180 – in Worten: einhundertachtzig! – Kinder ein Klassenzimmer. In der 2. Klasse sind es immerhin noch 158, dafür in der 3. wieder 192 und in der 4. abermals 191 Kinder. Insgesamt zählt die 1930 erbaute und seitdem kaum veränderte Schule 1051 Mädchen und Jungen.

Ausschnitt aus der detaillierten Auflistung der Baumaterialien.

Father Pacuto bittet uns nun „demütig um Unterstützung beim Bau eines 4-Klassenzimmer-Blocks, damit wir die Lernsituation für die Kinder verbessern können“. Seine detaillierte Auflistung der Baumaterialien, in denen jeder Nagel und jeder Sack Sand penibel aufgelistet sind, lässt erkennen, wie sparsam und gleichzeitig effizient der Bau geplant ist. Sogar die Kosten für einen Termitenhügel, der entfernt werden muss, sind verzeichnet. So kommt der stolze Betrag von 163.466.100 ugandischen Schilling zusammen, umgerechnet rund 38.000 Euro. Ein Betrag, der die gegenwärtigen Möglichkeiten des Schulhilfswerks für die Unterstützung eines einzelnen Projekts bei Weitem übersteigt. Dennoch haben wir im Vorstand beschlossen, dieses Anliegen an Sie, liebe Freunde und Förderer, heranzutragen, um baldmöglichst mit einem Teilbetrag die Arbeiten anschieben zu können. Dies erscheint deshalb möglich, weil ein Teil der Ausstattung in einem zweiten Schritt ergänzt werden kann; so lässt sich zunächst wenigstens die Raumnot lindern.

Schüler vor der Agiermach Primary School in der Pfarrei St. Peter und Paul in Nebbi, Uganda.

Ein ähnliches Vorgehen sehen wir bei einem zweiten Projekt angebracht, das ebenfalls in Uganda und der Diözese Nebbi zuhause ist. Es handelt sich um die St. Paul Jakok Primary School in der Pfarrei Panyimur. Auch dort geht es um den Bau eines zusätzlichen Klassenblocks, diesmal mit drei Räumen sowie ein Lehrerzimmer und Umkleideräume für Mädchen. Mit 25.000 Euro fallen die Kosten etwas geringer aus, gleichwohl sprengt auch dieser Betrag die aktuellen Möglichkeiten, wenn nicht andere Aufgaben zurückstehen sollen. Also wollen wir Sie auch hier um Ihre Unterstützung bitten.

Der gravierende Unterschied zum erstgenannten Projekt ist, dass hier nicht die Überfüllung der Schule das Problem ist, sondern die Entfernung zur bislang einzigen solchen Einrichtung: Sie beträgt 45 Kilometer! Für die armen Bauern und Fischer in der Gemeinde eine nicht zu überwindende Distanz. Selbst wenn die Kinder „pendeln“ wollten – es gibt gar keine irgendwie gearteten öffentlichen Transportmittel. So ist der Besuch nur über ein Internat möglich, wofür aber kein Geld vorhanden ist. So findet der Unterricht, den die Pfarrei als Nothilfe anbietet, in einem behelfsmäßigen Schuppen statt – und unter Bäumen. Bei Klassenstärken von jeweils mehr als 100 Schülern in den Jahrgängen 1 bis 5 wirklich keine dauerhafte Lösung. Zumal die Zahlen steigen: Jedes Kind, das dort auch nur ansatzweise ein bisschen Bildung erhält, gilt für andere Familien als Beweis, dass das Angebot auch für ihre Kinder taugt…

Was uns an dem Bericht von Gemeindepfarrer Father Paul Olum-Moro besonders beeindruckt hat, ist der Umstand, dass an St. Paul Jakok nicht nur klassischer Schulunterricht abgehalten wird. Neben den Kindern bekommen dort auch die Eltern Grundlagenwissen in Gesundheitspflege vermittelt. Darüber hinaus gibt es einen Schulgarten, der nicht nur die Ernährung der Schülerinnen und Schüler sicherstellen soll, sondern auch Anschauungs- und Übungsmaterial dafür liefert, wie man sich gesund und gut ernährt. Im landwirtschaftlichen Sinn herrscht also doppelte Nachhaltigkeit: bei den Ressourcen des Bodens genauso wie beim Kampf gegen den Analphabetismus. Beides soll die Gegend dauerhaft aus dem Elend befreien.

Father Paul hat seinen Bittbrief mit „Yours faithfully“ unterzeichnet: „der Ihre, voller Glauben“. Wir hoffen, dass wir seine Zuversicht in umfassende Unterstützung genauso erfüllen können wie die von Father Opennytho und bitten Sie dafür von Herzen um Ihre Unterstützung.

Für all das Engagement und die Begeisterung für die Arbeit des Schulhilfswerks, die Sie im zurückliegenden Jahr gezeigt haben, bedanken wir uns an dieser Stelle mit einem aufrichtigen „Vergelt’s Gott“. Welch großen Nutzen und Segen Sie mit Ihren Spenden stiften, darüber haben wir zum Beispiel im vorigen Brief berichtet, davon wird auch in künftigen Briefen wieder die Rede sein. In der Zwischenzeit empfehlen wir Ihnen einen Blick auf unsere Internetseite www.schulhilfswerk.de, die wir regelmäßig mit aktuellen Berichten bestücken. Wem dies zu aufwendig ist, wird um eine kurze Mitteilung gebeten, dann übermitteln wir Informationen gern auch per Post.

Wir wünschen nun Ihnen und Ihren Angehörigen und Freunden ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest sowie einen glücklichen und hoffnungsfrohen Beschluss des alten Jahres. Alles Gute für 2018!

Mit freundlichen Grüßen

Peter Gierlich

1.Vorsitzender